Geschichte der Weihnachtsbräuche
In nördlichen Breiten schloss sich das Brauchtum des Winters an das Weihnachtsfest an. Dies beginnt schon mit den Totenbräuchen zu Beginn des Advents und reicht bis zu Lichtmess. Das Brauchtum wurde in den Weihnachtsspielen als besondere geistliche Schauspiele verchristlicht und seit dem 16. Jahrhundert in den Weihnachtskrippen dargestellt. Die szenischen Darstellungen sind erstmals im 11. Jahrhundert in Frankreich fassbar.
Das heute in Deutschland übliche Weihnachtsfest in der Familie mit Weihnachtsbaum, Weihnachtsliedern, Krippe, Geschenken und einem Gottesdienstbesuch ist eine kulturelle Ausformung der Bürgerfamilie des 19. Jahrhunderts. Die volkskundliche und germanistische Forschung, u. a. die Gebrüder Grimm, vermuteten bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, diese Tradition müsse schon sehr alt sein, und versuchte, eine Kontinuität bis in das germanische Altertum zu konstruieren. So wurden die Weltenesche des germanischen Mythos oder der Mittwinterbaum als unmittelbare Vorläufer des Weihnachtsbaumes angesehen. Dies lag auch auf der Linie des Nationalsozialismus, der das Weihnachtsfest mit der germanischen und skandinavischen Jul-Tradition zu vermischen suchte. Das gilt auch für die im Weihnachtsbrauchtum beteiligten Personen. So wurde Knecht Ruprecht vom Göttervater Oðinn abgeleitet.
Bei der Erklärung der spezifischen Ausprägung des Weihnachts- und Adventsbrauchtums in Mitteleuropa darf nicht übersehen werden, dass das meiste davon in einer klimatisch von kaltem, dunklem Winter gekennzeichneten Zone entstand. Die Sehnsucht nach der Sonne, die im gewählten Zeitpunkt der Sonnenwende zum Ausdruck kommt, ist für Menschen in den Wüstengürteln der Erde kaum nachvollziehbar. Auf der Südhalbkugel fällt Weihnachten gar in den Sommer. Das muss zwangsläufig zu anderen Bräuchen führen. Der immergrüne Tannenbaum hat dort keine einschlägige Symbolkraft.
Kirchgang
Der gemeinsame Besuch von Christvesper, Christmette oder Christnacht ist nicht nur bei den regelmäßigen Kirchgängern unter den Christen ein fester Bestandteil des Weihnachtsfestes. Zu diesen Gottesdiensten sind die Kirchen im deutschsprachigen Raum oft sehr gut besucht.
Krippe
Den ursprünglichsten Weihnachtsbrauch stellt die Tradition des Krippenspiels dar, das die Weihnachtsgeschichte anschaulich nachgestaltet. Um sie versammeln sich die Familienmitglieder am Weihnachtsabend und gedenken der Geburt Christi. Die Geschichte der Weihnachtskrippe, die heute selbstverständlicher Bestandteil des katholischen Weihnachtsfestes ist, begann wohl schon im 13. Jahrhundert, und die Krippe ist im Gottesdienst lokal wohl schon im 11. Jahrhundert verwendet worden. In der Burgkapelle Hocheppan bei Bozen wurde um das Jahr 1200 die Geburt Jesu Christi erstmals im deutschsprachigen Raum dargestellt. Die Darstellung gipfelte dann in der Weihnachtsbescherung vor Krippe und [Weihnachtsbaum].
Tannenbaum
In Mitteleuropa wird der Weihnachtsbaum (in einigen Regionen auch Christbaum genannt) in der Kirche und Wohnung sowie auf großen Plätzen in den Ortschaften aufgestellt, und mit Lichterketten, Kerzen, Glaskugeln, Lametta, Engel- oder anderen Figuren geschmückt. Der häusliche Weihnachtsbaum bleibt oft noch lange nach Weihnachten im Zimmer.
Zwei kerzengeschmückte Tannenbäume stehen seit 1621 bei den Augustinern in Neustift rechts und links der Krippe. Ursprung des Tannenbaums dürfte der Paradiesbaum der weit verbreiteten Paradiesspiele am 24. Dezember und mittelalterlicher Mysterienspiele gewesen sein. Seit etwa 1800 war der geschmückte Weihnachtsbaum in den gehobenen Bürgerhäusern von Zürich, München, Wien und Siebenbürgen zu finden. Er galt zunächst als protestantisch, bis er auch von den Katholiken allmählich übernommen wurde. Henriette Alexandrine von Nassau-Weilburg führte ihn 1816 in Wien ein. Der Krieg 1870/71 hat den Weihnachtsbaum auch in Frankreich popularisiert. 1912 stand der erste „öffentliche“ Baum in New York.
Der mit Kerzen geschmückte Lichterbaum ist heute zentrales Element der familiären Weihnachtsfeier. Bis ins 18. Jahrhundert hinein war er nur an Fürstenhöfen zu finden, dann in der bürgerlichen Oberschicht. Beim Kleinbürgertum wurde er nicht zuletzt dadurch populär, dass der preußische König im Krieg 1870/71 gegen Frankreich Weihnachtsbäume in den Unterständen und Lazaretten aufstellen ließ. Danach verbreitete sich der Weihnachtsbaum weiter und erhielt die heute als selbstverständlich empfundene zentrale Rolle im Zeremoniell der häuslichen Familienfeier (Kinder stehen vor der verschlossenen Tür, die Kerzen am Baum werden angezündet, die Tür wird geöffnet, gemeinsames Singen, gemeinsames Öffnen der Geschenke, gemeinsames Mahl).
In den Tagen nach den Weihnachtsfeiertagen ist in Oberschwaben der Brauch des Christbaumlobens verbreitet: Gruppen von meist jungen Menschen besuchen nacheinander die Häuser von Freunden, Bekannten, Lehrern usw., angeblich um „die Qualität des Weihnachtsbaums zu bewerten“. Tatsächlich geht es darum, in den Häusern auf Kosten des Hausherrn Schnaps zu konsumieren. Diese Sitte, nach Weihnachten einen Trinkanlass wahrzunehmen, hat sich inzwischen auch auf andere Teile des deutschsprachigen Raums ausgebreitet.
Die zentrale Funktion des Weihnachtsbaumes hebt ihn prinzipiell von den früheren immergrünen Zweigen und Buchsbäumchen ab, die ein dekoratives Element unter vielen waren.
Die Gaben von Nikolaus, Christkind und Weihnachtsmann
Luther hat die vorher auch in seinem Hause übliche Bescherung am Nikolaustag (es gibt Haushaltsrechnungen aus dem Hause Luther über Geschenke für das Gesinde und die Kinder zu St. Nikolaus aus dem Jahre 1535 und 1536) auf den Heiligabend verlegt, da die evangelische Kirche keine Heiligenverehrung kennt. Evangelischer Gabenbringer war nun nicht mehr St. Nikolaus, sondern der „Heilige Christ“, wie Luther das Jesuskind nannte. Aus dieser Abstraktion entstand alsbald schon in Thüringen, auch andernorts, das engelsgleiche Christkind, das man sich nun weiblich vorstellte. Nach 1800 wurde aus Knecht Ruprecht, ursprünglich der strafende Begleiter von Nikolaus und Christkind, allmählich der Weihnachtsmann.
1930 brachten dem Deutschen Atlas der Volkskunde zufolge der Weihnachtsmann (vorwiegend im evangelischen Norden und Nordosten) und das Christkind (vorwiegend im Westen und Süden und in Schlesien) die Geschenke. Die Grenze verlief zwischen Westfalen und Friesland, Hessen und Niedersachsen und Thüringen und zwischen Bayern und Thüringen, ging durch Südthüringen, südliches Sachsen bis nach Schlesien. Im 18. Jahrhundert war es noch ganz anders gewesen: Der Nikolaus hatte in katholischen Gebieten die Geschenke gebracht, das Christkind in evangelischen. Mit zunehmender Beliebtheit des Weihnachtsfestes und des Christkindes wurde der Geschenktermin auch in den katholischen Gebieten vom Nikolaustag auf Heiligabend verschoben, das Christkind übernommen.
Der Weihnachtsmann ist eine synkretistische Gestalt, die aus Nikolaus und Knecht Ruprecht und dem rauhen Percht in einer entdämonisierten Form zusammengesetzt wurde. Eine Zeichnung von Moritz von Schwind im Münchner Bilderbogen Nr. 5 von 1848 unter dem Titel „Herr Winter“ gilt als frühe Darstellung, jedoch ist sie nicht die einzige. Die Kleidung, die in Deutschland erst nach 1945 überwiegend rot dargestellt wird, übernahm er von Knecht Ruprecht, den wallenden Bart von gängigen Gott-Vater-Vorstellungen. Im Brauchtum für Kleinkinder bringt er die Geschenke, bösen Kindern jedoch eine Rute (selten geworden).
Das Gaben bringende Christkind entstand aus dem evangelischen Heiligen Christ Luthers. Es erscheint seit dem 17. Jahrhundert in den weihnachtlichen Umzugsbräuchen, in denen Maria, Joseph und das Jesuskind durch die Straßen zogen – wie heute vielerorts die Sternsinger –, begleitet von weiß gekleideten Mädchen mit offenem Haar als Engel, angeführt von dem verschleierten „Christkind“.
Die bereits im Altertum bekannten Geschenke zu Neujahr lebten bis weit in 20. Jahrhundert hinein fort, lokal sogar bis heute, als Geldgratifikationen an Postboten, Zeitungsfrau, Müllabfuhr usw. Laut Börsenblatt wurden 2007 auch ein Fünftel der innerfamiliären Weihnachtsgeschenke in Form von Gutscheinen oder Geld weitergereicht. Die Weihnachtsbescherung geht jedoch auf die Nikolausbescherung zurück. Als „Lüttenweihnachten“ bezeichnet man das Schmücken eines Weihnachtsbaumes für Tiere im Wald mit Futter.
Weihnachtssingen
Beim Quempassingen ertönen Weihnachtslieder wie Stille Nacht, heilige Nacht. Am Heiligen Abend oder in manchen Ländern früh nach der Christmette am 1. Weihnachtsfeiertag findet die Bescherung statt. Auch im häuslichen Kreise wird am Heiligabend und am 1. und 2. Festtag viel gesungen und musiziert. Mit dem 2. Festtag tritt mehr Ruhe und Besinnlichkeit ein.
In einer Zeit zurückgehender Kenntnisse von Volksliedern und Kirchenliedern gehören bei vielen Menschen im deutschsprachigen Raum deutsche Weihnachtslieder zum Restbestand des traditionellen deutschsprachigen Liedguts, bei dem sie noch aktiv mitsingen können.
Weihnachtsessen
Zu Weihnachten gehört meist ein aufwändiges Weihnachtsmahl, für das bestimmte Speisen typisch sind, wie etwa die Weihnachtsgans oder der Weihnachtskarpfen sowie das speziell für die Weihnachtszeit hergestellte Weihnachtsgebäck. In manchen Regionen gibt es das Festmahl erst am 1. Feiertag; am Heiligen Abend werden eher Gerichte wie Eintopf oder Würstchen mit Kartoffelsalat serviert.
Weitere Weihnachtsbräuche [Bearbeiten]
Zu den eher weniger besinnlichen Weihnachtsbräuchen gehört das Erzählen von tradierten Gruselgeschichten (teilweise ironischer Natur, wie Schneemänner am Lagerfeuer; oder auch nicht, wie Der Mann mit dem Kopf unter dem Arm) beispielsweise während des Wartens auf die Bescherung im Vorzimmer am Heiligabend. Das scheint sich vor allem in Nord- und Nordostdeutschland zu finden.
Ein weiterer Brauch am Heiligen Abend ist der Christklotz, auch „Weihnachtsscheit“ oder „Christblock“ genannt.
Im Berchtesgadener Land prägt das Christkindlschießen der Weihnachtsschützen die letzte Woche vor Heiligabend. Sie schießen jeden Tag um 3 Uhr Nachmittag von ihren Standplätzen aus - am Heiligabend zusätzlich vor der Christmette.
„Christbaumkugel“ in Gurkenform
Ein aus den USA (re)importierter, vorgeblich alter deutscher Brauch bezieht sich auf einen essiggurkenförmigen Christbaumschmuck. Die „Weihnachtsgurke“ wird noch vor der „Bescherung“ verdeckt am Christbaum befestigt. Die Beschenkten, meistens noch Kinder oder Jugendliche, suchen vor dem Geschenkeöffnen den Baum nach dem verborgenen Schmuckstück ab. Wer als erstes die „Gurke“ findet, erhält ein besonderes, zusätzliches Geschenk. Seit 2009 findet sich dieser Christbaumschmuck in Form von Gewürzgurken (wieder) auf den deutschen Weihnachtsmärkten. Die Glasbläsereien bieten drei unterschiedliche Größen an, um den Schwierigkeitsgrad an das Alter der Kinder anzupassen.[5][6]
Ab dem Einbruch der Dunkelheit werden in der Adventszeit zahlreiche Wohnungsfenstern durch Schwibbögen erleuchtet. Dieser Brauch entstand im 18. Jahrhundert in den Erzgebirgischen Bergbaugebieten und breitet sich zunehmend in den angrenzenden Ländern aus.
Die Deutsche Post gibt jedes Jahr zu Weihnachten Sondermarken heraus. Auch die Schweizerische Post hat verschiedenen Weihnachtsbräuchen eine eigene Briefmarken-Serie gewidmet. Die Serie lief von 2005 bis 2007; Motive waren unter anderem das Sternsingen, der Adventskranz, der Weihnachtsbaum oder die Geschenke.
Puritanische Weihnachtsenthaltung
Die reformierten Kirchen glaubten, das Weihnachtsfest entspringe heidnischem Brauch und sei mit der römischen Kirche verbunden und lehnten es daher grundsätzlich ab. 1550 wurden in Genf alle nichtbiblischen Feiern verboten, worüber es zu schweren Konflikten kam. Calvin war da weniger streng. John Knox verbot 1560 alle kirchlichen Feste, so auch das Weihnachtsfest in Schottland. Daran hielten sich die schottischen Presbyterianer bis in das 20. Jahrhundert hinein. Auch die Quäker und die Puritaner des 17. Jahrhunderts lehnten Weihnachten als Feiertag ab und gingen wie auch sonst ihren Geschäften nach. Das englische Weihnachtsfest umfasste in jener Zeit nicht nur den Gottesdienst, sondern auch Gelage, Besäufnis, Tanz und Glücksspiel. 1647 erließ das Parlament ein Verbot derartiger Feste. Das führte zu Straßenkrawallen zwischen Befürwortern und Gegnern des Weihnachtsfestes. Nach 1660 wurde das Festverbot nicht mehr angewendet. Erst in neuester Zeit haben sich die Vorschriften den Verhaltensmustern ihres kulturellen Umfeldes angepasst. Im 19. Jahrhundert nahm das Weihnachtsfest in England einen bedeutenden Aufschwung, möglicherweise unter dem Einfluss des Prinzen Albert aus Deutschland, den Königin Viktoria geheiratet hatte. Auch in den USA verlief die Entwicklung ähnlich. In Gegenden, in denen überwiegend Presbyterianer, Mennoniten, Quäker und Puritaner leben (Neuengland, Pennsylvanien), gab es bis ins 19. Jahrhundert hinein kein Weihnachtsfest. Weiter im Süden behielten die englischen Siedler seit dem 17. Jahrhundert ihre anglikanischen Bräuche bei. Die niederländischen Siedler hatten ihren Sinterklaas (Nikolaus) nach New York mitgebracht. Aus ihm wurde später der Santa Claus.
Übernahme von Weihnachtsbräuchen durch Nicht-Christen
Juden
In einigen jüdischen Haushalten, die als Minderheit in einer christlichen Umgebung leben, kommt es vereinzelt vor, „Weihnukka“ zu feiern. Dabei werden zum Chanukka-Fest beispielsweise Tannenbäume in Wohnzimmern aufgestellt und mit Kugeln geschmückt, in die Davidssterne eingraviert sind.
Muslime
In einigen muslimischen Haushalten kommt zu Weihnachten eine Gans auf den Tisch, und die Kinder bekommen Geschenke – nicht zuletzt, damit kein Neid auf die christlichen Klassenkameraden aufkommt. Dieses Verfahren wird von den Betreffenden als „religiös korrekt“ empfunden, da die Geburt Jesu, der im Islam als Prophet gilt, im Koran ausführlich beschrieben wird.[9]Verlagerung von Weihnachtsbräuchen in die Adventszeit
Eine deutliche Veränderung des Brauchtums ist im Advent seit dem 20. Jahrhundert zu beobachten. Wurde er ursprünglich als Fastenzeit begangen, wird in der Gegenwart das zu erwartende Weihnachtsfest (nicht zuletzt durch verschiedene Marketingaktionen und -instrumente) zunehmend in den Advent vorverlegt
- Maurice Baumann, Roland Hauri (Hrsg.): Weihnachten – Familienritual zwischen Tradition und Kreativität. Kohlhammer, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-17-020560-4 (Praktische Theologie heute. Band 95).
- Michael Kotsch: Weihnachten. Herkunft, Sinn und Unsinn von Weihnachtsbräuchen. Jota, Hammerbrücke 2003, ISBN 978-3-935707-15-2.
- Ingeborg Weber-Kellermann: Das Weihnachtsfest. Eine Kultur- und Sozialgeschichte der Weihnachtszeit. Bucher, Luzern 1987, ISBN 3-7658-0273-5.
zitiert aus: www.de.wikipedio.org/wiki/Weihnachtsbrauch_im_deutschen‑Sprachraum
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